Das Dülmener Wildpferd ist eine der wenigen verbliebenen Wildpferderassen Europas und hat eine lange, faszinierende Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Diese robusten Pferde leben bis heute in einem geschützten Reservat in der Nähe der Stadt Dülmen im Münsterland, Nordrhein-Westfalen.
Ursprünge und frühe Erwähnungen
Die ersten Erwähnungen von wilden Pferden in der Region gehen auf das 14. Jahrhundert zurück. Historische Dokumente belegen, dass es damals ausgedehnte Heide-, Moor- und Waldgebiete gab, in denen Wildpferde in großen Herden lebten. Diese Tiere waren äußerst widerstandsfähig und an die rauen Bedingungen des Münsterlands hervorragend angepasst.
Mit der zunehmenden landwirtschaftlichen Nutzung der Landschaft wurden die Wildpferde jedoch immer weiter zurückgedrängt, bis schließlich nur noch wenige Bestände erhalten blieben.
Schutz durch das Haus Croy
Im Jahr 1847 ergriff Herzog Alfred von Croy Maßnahmen, um das Dülmener Wildpferd vor dem Aussterben zu bewahren. Er errichtete das rund 350 Hektar große Wildpferdegehege im Merfelder Bruch, einem Gebiet westlich von Dülmen. Seitdem leben die Pferde dort unter naturnahen Bedingungen, ohne nennenswerte Eingriffe durch den Menschen. Diese Schutzmaßnahme machte es möglich, dass die Rasse bis heute erhalten geblieben ist.
Die traditionelle Wildpferdefangaktion
Eine der bekanntesten Traditionen im Zusammenhang mit den Dülmener Wildpferden ist der alljährliche Wildpferdefang, der seit dem 19. Jahrhundert stattfindet. Jedes Jahr am letzten Samstag im Mai werden die einjährigen Hengste von erfahrenen Pferdefängern in einer Arena eingefangen. Dies geschieht per Hand, ohne den Einsatz von Seilen oder anderen Hilfsmitteln. Ziel dieser Aktion ist es, die Herde natürlich zu regulieren, da die Anzahl der Tiere begrenzt bleiben muss, um das Ökosystem nicht zu überlasten.
Bedeutung und heutige Situation
Das Dülmener Wildpferd ist heute eine geschätzte Attraktion und ein lebendiges Stück Natur- und Kulturgeschichte Deutschlands. Es hat sich im Laufe der Jahrhunderte an das Leben in der freien Wildbahn angepasst und gilt als äußerst robust und gesund.
Durch gezielte Schutzmaßnahmen des Hauses Croy und die Bewahrung des Merfelder Bruchs konnte diese einzigartige Wildpferdepopulation bis in die Gegenwart erhalten bleiben. Trotz seiner langen Geschichte ist das Dülmener Wildpferd keine domestizierte Rasse, sondern ein wahres Wildtier, das in Deutschland seinesgleichen sucht.
Fazit
Die Geschichte des Dülmener Wildpferdes ist ein beeindruckendes Beispiel für erfolgreichen Artenschutz und die enge Verbindung zwischen Mensch und Natur. Dank der Bemühungen des Hauses Croy sowie der lokalen Gemeinschaft bleibt diese einzigartige Wildpferderasse für künftige Generationen erhalten und trägt zur biologischen Vielfalt in Deutschland bei.
Steckbrief:
Name: Dülmener Wildpferd
Herkunft: Deutschland, insbesondere das Merfelder Bruch bei Dülmen (Nordrhein-Westfalen)
Größe: 125–135 cm Stockmaß
Gewicht: Ca. 300–400 kg
Fellfarbe: Meist Mausgrau mit Aalstrich, gelegentlich braune oder schwarze Exemplare
Merkmale:
- Robuste, widerstandsfähige Pferderasse
- Dichte Mähne und Schweif
- Gute Anpassungsfähigkeit an verschiedene Witterungsbedingungen
- Freundliches, aber eigenständiges Wesen
Lebensweise:
- Halbwilde Lebensweise im Merfelder Bruch
- Leben in sozialen Herdenstrukturen
- Einmal jährlich findet die traditionelle Wildpferdefangaktion statt (zur Regulierung der Population)
Nutzung:
- Ursprünglich reine Wildpferde
- Heute teilweise zur Freizeit- und Kinderreitnutzung gezähmt
Besonderheiten:
- Eine der letzten echten Wildpferderassen Europas
- Seit dem 14. Jahrhundert in der Region bekannt
- Geschützt durch den Herzog von Croy
Fotos: S. Hagedorn